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  • Lernen, das Universum zu lesen. Das Novalis ABC Buch.
    02.02.2023

    Lernen, das Universum zu lesen. Das Novalis ABC Buch.

    von Laure Cahen-Maurel

    Im Gegensatz zur Korrespondenz zwischen Friedrich Schlegel und Novalis, die sich bequem in einer streng chronologischen Weise darstellen lässt, werfen die etwa tausend vorbereitenden Notizen, die Novalis 1798-1799 für seine »wissenschaftliche Bibel« schrieb und die uns unter dem Titel Das allgemeine Brouillon überliefert sind, die Frage nach ihrer internen Organisation auf. Novalis selbst hatte sich nicht ganz auf die endgültige Zusammensetzung dieser Seiten festgelegt, die dann nach seinem Tod zerstreut wurden. [...] Siebenundfünfzig Jahre nach der ersten kritischen Ausgabe in der HKA hat der zeitgenössische deutsche Komponist Walter Zimmermann einen neuen Versuch unternommen und den Faden des Enzyklopädieprojekts an der Stelle wieder aufgenommen, wo Novalis es unterbrochen hat. Unter dem Titel Novalis ABC Buch, erschienen bei Matthes & Seitz Berlin, hat Zimmermann einen Teilnachdruck von Das allgemeine Brouillon: Materialen zur Enzyklopädistik neu geordnet. Entstanden aus einer Zusammenarbeit mit dem Germanisten Josef Schreier, der die Einleitung verfasste und Zeichnungen der bildenden Künstlerin Nanne Meyer, ist das Buch ein »totales« Werk im Sinne einer in Worten geschriebenen Enzyklopädie.

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  • Im Widerspruch und gleichranging
    22.12.2022

    Im Widerspruch und gleichranging

    Vier Fragen an Can Xue

    von Annette Hug

     

    Wie weit ist Peking von Zürich entfernt und von Frankfurt? Um die Frage zu beantworten, müsste zuerst geklärt sein, ob Distanz als materielle Kategorie verstanden wird – als geographische Entfernung, in Kilometern gemessen – oder als geistige Dimension, vielleicht sogar als Maß der Verwerfungen zwischen politischen Gebilden. Die Pandemie hat alle drei Dimensionen beeinflusst. In der Zeit, in der dieser Text entsteht, fällt die russische Armee in die Ukraine ein. Fern ist ferner geworden, die Grenzen zu China bleiben fast undurchdringlich. Der Ton der globalen Diplomatie wird schärfer. Was hier folgt, ist also kein Gespräch im eigentlichen Sinn. Weil Reisen und Sich-Begegnen nicht möglich sind, müssen schriftliche Nachrichten genügen. Das mindeste, was wir dabei tun können, ist dem geschriebenen Wort mehr Beachtung schenken – also die Zeichen, die hin und hergehen, langsamer und genauer lesen. 

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  • 21.–24.8.22: Ausnahmezustand am Unabhängigkeitstag in Kyjiw
    02.09.2022

    21.–24.8.22: Ausnahmezustand am Unabhängigkeitstag in Kyjiw

    von Yevgenia Belorusets

    Hin und wieder verschwindet der Krieg komplett aus dem schmalen Grenzland zwischen Tag und Nacht in Kiew, wenn kein unerwartetes Geräusch diese Zeit unterbricht. Es ist nicht allzu oft. Denn meistens ist der Krieg präsent, und es gibt kaum Auswege aus seiner Allgegenwart.

    In den ersten Wochen des russischen Angriffs war ich noch davon überzeugt, dass das alles rasch, innerhalb weniger Stunden oder Tage beendet sein würde. Wie ein Gruß aus dieser Anfangszeit spüre ich die Angst nach jedem Luftalarm in mir aufsteigen.

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  • Die Ohnmacht des Geistes und die Macht des Geldes
    14.07.2022

    Die Ohnmacht des Geistes und die Macht des Geldes

    von Elisabeth Lenk

    Elisabeth Lenk teilte die Auffassung, dass alle Erkenntnis in letzter Instanz auf ihre Gegenwart bezogen bleibt, dass sie ihren Zweck in der Erkenntnis der eigenen Zeit besitzt. Noch wenn sie, wie etwa in ihren Studien zur Traumsoziologie, die Archäologie einer Gesellschaftsstruktur betreibt, die im Zuge des neuzeitlichen Rationalisierungs- und Normalisierungsprozesses unwiderruflich verloren ging, geht es ihr um die gegenwärtige Gesellschaft und die Kritik an ihr. Gegenwärtigkeit des Denkens aber schließt Geistesgegenwart ein und damit das Vermögen, die Zeichen der Zeit blitzartig zu erkennen und adäquat auf sie zu reagieren. Auf dem Foto, das sie bei einer öffentlichen Vorlesung zeigt, ist ein solcher Moment von Geistesgegenwart eingefangen. Dieser spontan und mit hoher Geschwindigkeit verfasste Text, ein Gelegenheitstext, bestätigt das.

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  • Zombie-Highway der Endorphine
    26.06.2022

    Zombie-Highway der Endorphine

    von Tobias Premper

    César Aira zählt zu den wichtigsten Autoren der Gegenwart – und ist vielleicht sogar ihr raffiniertester. Aberwitzige und riskante Erzählkonstruktionen und Plots könnten dazu führen, dass seine Bücher schwer lesbar sind. Das Gegenteil ist der Fall. Mehr noch: Airas Bücher machen süchtig.

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  • U wie Y und umgekehrt
    07.03.2022

    U wie Y und umgekehrt

    von Radonitzer

    Am Abend des 26. Oktober 1932 waren alle Räume der Rjabušinskij-Villa in der Malaja Nikitskaja 6 erleuchtet. Maksim Gor’kij erwartete Gäste – die rund 50 laut Liste geladenen Schriftsteller waren eingetroffen, diesmal auch parteilose Autoren, denn eine Woche zuvor hatten sich bei Gor’kij zur  »Probe« nur Parteimitglieder versammelt, unter ihnen auch Nikolaj Bucharin, der am 26. Oktober nicht mehr dabei war. Unter den Geladenen des Abends der Literaturwissenschaftler und Kritiker Kornelij Zelinskij, der tags darauf eine akribische Beschreibung des Treffens seinem Tagebuch anvertraute, die einzige authentische Quelle. 

    Die Gäste hatten sich in den Räumen versammelt, der Speisesalon war noch verschlossen, auf dem Diwan in Gor’kijs Bibliothek saßen Vsevolod Ivanov, Valentin Kataev und Leonid Leonov, sie stritten über das Bild Pavel Dmitrievič Korins, im Frühjahr 1932 in Sorrent entstanden, das Gor’kij vor dem Hintergrund des Vesuv überlebensgroß im Mantel und mit Stock zeigt (Korin leitete nach dem Krieg kurzzeitig die Restaurationsabteilung in der Dresdner Gemäldegalerie, zwischen 1941 und 1947 hatte er auch Entwürfe für die Wandmalerei im Palast der Sowjets angefertigt). ...

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  • Verleger Andreas Rötzer im Gespräch mit Übersetzerin Claudia Hamm über Emmanuel Carrères aktuellen Roman »Yoga«
    01.03.2022

    Verleger Andreas Rötzer im Gespräch mit Übersetzerin Claudia Hamm über Emmanuel Carrères aktuellen Roman »Yoga«

    Andreas Rötzer: Alles ist wahr lautet der Titel eines Romans von Emmanuel Carrère, der auch programmatisch für sein Schreiben steht. Was ist daran wahr, und gilt das auch für Yoga? Claudia Hamm: ...
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  • Gletscher
    10.02.2022

    Gletscher

    zu Reto Hännys Sturz/Flug

    von Uwe Hübner

    Reto Hänny erhält den Schweizer Grand Prix Literatur 2022 für sein Gesamtwerk!
    Der Autor schreibt in allen seinen Büchern die gleiche Geschichte nieder: seine eigene und die seiner Zeit. Was Reto Hänny umtreibt, sind seine Kindheit in den Bündner Bergen, seine Jugend in Ruch (ein Anagramm von Chur), die Zürcher Unruhen der 1980er-Jahre und ihre Unterdrückung durch die Polizei. Seine Texte verarbeiten diese Themen aber nicht chronologisch oder autobiografisch, sondern in Assoziationen, Erinnerungsstücken, Träumen und Erfindungen, vor allem aber durch die Nachahmung, mit der sich Reto Hänny die Weltliteratur aneignet.
    Hännys unvergleichlichem Stil, seinen Themen, ja dessen ganz eigener Literatur nähert sich Uwe Hübner in diesem Text über das Buch »Sturz« von 2020.

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  • »Man muss das Schreiben auf der Grundlage der Programmierung, und zugleich die Programmierung auf der Grundlage des Schreibens betrachten«
    10.01.2022

    »Man muss das Schreiben auf der Grundlage der Programmierung, und zugleich die Programmierung auf der Grundlage des Schreibens betrachten«

    Ein Gespräch mit Philipp Schönthaler

    Im Januar erscheint bei Matthes & Seitz Berlin das neue Buch von Philipp Schönthaler. Die Automatisierung des Schreibens & Gegenprogramme der Literatur erzählt davon, wie die industriellen ...
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  • <i>mors certa </i> spoiler alert oder <p>Jetzt bloß nicht in einen Biographismus abrutschen </p>
    28.10.2021

    mors certa spoiler alert oder

    Jetzt bloß nicht in einen Biographismus abrutschen

    Zu Nach Amerika und zurück im Sarg von Susan Taubes.

    Von Sophia Eisenhut

    Ich sitze vor meiner Hochschule und warte, ich lese dabei die englische Ausgabe. T. kommt vorbei, wie fast immer ist er gut gelaunt, und er fragt mich, was ich lese, und es braucht drei Sekunden, da ...
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