Briefe waren für den Jahrhundertautor Warlam Schalamow unverzichtbares Medium des Nachdenkens über Erlebtes, Gelesenes, Filme oder Ausstellungen, über seine Gedichte und seine Prosa, über das Wesen der Dichtung und der Literatur überhaupt. Briefe überbrückten räumliche Distanzen, sei es 1952–1953 zwischen ihm selbst im sibirischen Jakutien und Boris Pasternak in Moskau oder in den Sommern der 1960er-Jahre, als er sich in Moskau aufhielt und Nadeschda Mandelstam auf dem Land. Mit den Jahren ersetzten Briefe dem Ertaubten zunehmend das mündliche Gespräch. Als seine Erzählungen aus Kolyma in den informellen Kreisen des Samizdat kursierten, aber es keine Möglichkeit gab, mit den Lesern ins Gespräch zu kommen, fand Schalamow in den Briefen das ideale Medium, um sich selbst zu erklären und darzustellen. So eröffnen seine Korrespondenzen vielstimmige, oft überraschende Einblicke in sein Leben, sein Schreiben und das literarische Leben im Moskau der Nachkriegsjahrzehnte.
»Wer so schreibt wie er, hat humanistische Ideen nicht nur nicht verraten, er rettet sie.« – Ilma Rakusa, Neue Zürcher Zeitung