Der Dichter und Schriftsteller Warlam Schalamow (1907–1982) zählt zu den großen Stimmen der russischen Literatur im 20. Jahrhundert. Er lebte in einer Zeit russischer bzw. sowjetischer Geschichte, die von Brüchen und Terror geprägt war und überstand 17 Jahre Haft als Zwangsarbeiter des Gulags. Franziska Thun-Hohenstein beschreibt in ihrem jetzt erscheinendem Buch »Das Leben schreiben. Warlam Schalamow: Biographie und Poetik«, wie er die lebensnotwendige Kraft, seiner Zeit zu widerstehen, aus dem Schreiben schöpfte: »Für den erlebten Tag ist ein literarisches Äquivalent zu finden, dann kann man weiter leben.«
Franziska Thun-Hohenstein, die Herausgeberin der deutschen Werkausgabe Schalamows, spürt in ihrer Biographie Leben und Werk eines Mannes nach, der bis zu seinem Tod einen fortwährenden Kampf um die Wahrung seiner Eigenständigkeit führen musste und dessen Hauptwerk, die sechs Zyklen der Erzählungen aus Kolyma über das Schicksal des Menschen im Gulag, erst posthum erscheinen konnte. Im Gespräch mit Stefan Willer (Humboldt-Universität zu Berlin) spricht sie über die Herausforderung, eine biographische Darstellungsform zu finden, die dem Bruchstückhaften von Schalamows Leben und Werk Rechnung trägt: Wie schreibt man eine Biographie, wenn die persönlichen Archive aus der Zeit vor dem Gulag vernichtet sind, andere Quellen fehlen und vieles nur aus Schalamows eigener autobiographischer Erinnerung bekannt ist? Wie lässt sich Schalamows Sorge um sein eigenes Selbstbild reflektieren?
Neben der Biographie wird auch die von Franziska Thun-Hohenstein herausgegebene Edition mit Briefen Schalamows »Ich kann keine Briefe schreiben ... Korrespondenz 1952–1978« vorgestellt, aus der die Übersetzerin Schalamows Gabriele Leupold lesen wird.
Das Platzkontingent ist begrenzt, wir bitten um vorherige Anmeldung an anmeldung@zfl-berlin.org.
In Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung ZfL.