Inhumane Architekturen, Gentrifizierung, Kapitalisierung, Kriege und Naturkatastrophen lassen das Haus nicht länger als ein Ort der Geborgenheit, Sicherheit und Orientierung erscheinen. Das bürgerliche Idyll wird nicht bloß durch häusliche und familiäre Gewalt erschüttert. Auch die Polykrisen der Gegenwart reichen bis in Schlaf- und Wohnzimmer hinein. Das Haus als Symbol für Schutz erschlafft.
Irina Bondas, Birgit Kreipe, Georg Leß, Johann Reißer, Sebastian Unger und Saskia Warzecha haben sich über die letzten Jahre hinweg intensiv über ihre dichterische Arbeit an einem »Haus aus Sprache« ausgetauscht. Johann Reißer befasst sich poetisch mit menschlichen und tierischen Gehäusen und deren Verflechtung. Irina Bondas schreibt über die zerstörten Häuser in der Ukraine, der Heimat ihrer Familie. Georg Leß arbeitet zu Aspekten des Religiösen und Fremdartigen der Häuslichkeit. Sebastian Unger widmet sich dem zerfallenden Kartenhaus unserer Begriffe, das uns zugleich zur Utopie befähigt hat, es einzureißen. In ihren psychoanalytisch inspirierten Gedichten erforscht Birgit Kreipe Elternhäuser sowie hellsichtige Pflanzen, die Trümmer und Ruinen überwachsen. Und Saskia Warzecha vollzieht in ihrer Poesie einen Weg durch ein Haus, das zwischen Spuk und Geborgenheitsangebot wechselt.
Die Dichter*innen loten an dem Abend in Lesung und Gespräch aus, was ein Haus angesichts von Krisen noch bedeuten könnte. Kann die Poesie neue Weisen der Behausung in erschütterten Landschaften herstellen? Inwiefern kann in der Sprache Geborgenheit und Orientierung gefunden werden? Die Moderation übernimmt die Verlegerin des Verlagshaus Berlin Andrea Schmidt.