Wie erzählen von einer Vergangenheit, die wir selbst nicht erlebt haben? Wie und in welcher Sprache erzählen von und über Geschichten, die wir nicht nachempfinden können? Denn wenn wir sprechen, sprechen wir Gegenwart, in der die Vergangenheit aber mitspricht: Wer also verstehen möchte, was er spricht, muss auch die Sprache der Toten verstehen.
Ivna Žic öffnet in ihrer autofiktionalen Reflexion Zugänge zu den völlig unterschiedlichen Welten ihrer beiden Großmütter und des schweigsamen Großvaters, in deren Leben sich europäische Geschichte und eine untergegangene Welt spiegeln, die nach wie vor in uns weiterlebt und unser Handeln bestimmt.
In zärtlicher Prosa und mit präzisen Beschreibungen geht Ivna Žic den Spuren ihrer Ahnen nach und eröffnet einen Ort des Wiedererkennens im anderen und des anderen. Diversität ist horizontal und vertikal, diachron und synchron. Žic' Text öffnet sich in einem Durchgang von der Vergangenheit in eine europäische Zukunft, in der sich eine neue, radikale Vielsprachigkeit längst Raum geschaffen hat, und lässt dadurch aus dem Privaten das Politische und aus den neuen Verhältnissen neue Erzählungen entstehen.
»Ivna Žics Essayband ist ein intellektuelles und gleichermassen persönliches Abenteuer. Eine Spurensuche, in der selbst das Finden ambivalent bleibt. Die Spuren des Lebens und seine Sprachen erweisen sich als so mehrdeutig, dass es dem selbstbewussten Wort ›Identität‹ schlichtweg den Boden unter den Füssen wegzieht.« – Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung
»In kluger, vorsichtiger und präziser Prosa wird hier aus der Perspektive einer Nachgeborenen von einem in Europa kaum bekannten Großverbrechen berichtet.« – Michael Martens, Frankfurter Allgemeine Zeitung