In ihren zart verknüpften poetischen Erzählungen über Vertreibung und Flucht dehnt Yanara Friedland den historischen Raum zu einem weiten Feld der Assoziationen aus. Sie erschafft durch die brillante Vermengung von Fakten und Fantasie eine nicht an die Gesetze von Raum und Zeit gebundene Gegend, die etliche Gestalten durchstreifen.
Dieses Uncountry lotet Friedland in den vier Büchern »Asche«, »Atem«, »Hunger« und »Zukunft« aus, um in immer neuen Bewegungsmustern individuelle Erinnerung und Erfahrung mit historischen Gegebenheiten und kulturgeschichtlicher Reflexion zu verweben – und mit jüdischer Geistesgeschichte. Hier wirft der namenlose, fahnenflüchtige Soldat seinen Helm in den Graben, quert die biblische Esther den Weg, hier hadert Abraham mit dem Sohnesopfer und zieht die schwangere Mutter der Autorin in den Bendlerblock. So entsteht eine mit Worten erschaffene Landschaft der Spurensuche und Imagination, der Träume und Sehnsüchte, die jeden sichtbaren Ort mehr und mehr überlagert.
»Man muss sich seiner Sogkraft überlassen, um teilzuhaben daran, „wie uns Sprache widerfährt“. Die Lektüre wird dann wörtlich zum Ereignis, sie ereignet sich im einzelnen Satz, im einzelnen Bild, in den immer neuen Zusammenhängen, die sich auftun. Und schließlich ist es eine Lektüre, die uns betrifft: Weil sie deutlich werden lässt, dass auch wir zurückreichen hinter die sichtbare, die materielle Form unserer Existenz. Und weil sie einlädt dazu, unseren Ort in der Welt neu zu begreifen.«
– Petra Nagenkögel, Spectrum