Wie das Zusammenleben in einer geteilten Welt gestalten, ohne zuvor nach der beschädigten zu fragen?
Das Rhinozeros ist gewiss ein merkwürdiges Mitglied der Weltgemeinschaft des Lebendigen: dickhäutig und widerständig, wohlgenährt und standsicher könnte es zuversichtlich in die Zukunft blicken. Aber das ist es nun gerade: Seine Sicht ist extrem eingeschränkt. Daher seine Reizbarkeit. Das Nashorn ist ein Emblem Europas. Seit der Antike war es mit imperialer Macht verbunden: als Wappentier, kostbares Geschenk unter Potentaten und Zentrum von Schaulust. Doch Horn und Panzerung, Relikte eines Urviechs, sind ein schweres Erbe. Sie verleihen keine Gewissheit mehr. Als Scheinriese sucht das Rhinozeros seinen Platz in der Gegenwart. Es wird Gewicht abgeben und sich neu im Zusammenleben bewähren müssen. Sein sensibles Ohr nah an den Zeitläuften zu haben, darauf kommt es an. Denn auf dem allzeit brüchigen Boden der Geschichte stellt sich die Frage: Unter welchen Bedingungen kann ein halbblinder Mehrtonner den Übergang wagen?
Mit Beiträgen von Souleymane Bachir Diagne, Albert Gouaffo, Friederike Groß, Wolfgang Kaleck, Mona Kriegler, Marcel Lepper, Lina Meruane, Kristin Platt, Cord Riechelmann, Carena Schlewitt, Adania Shibli, Shashi Tharoor, Camille de Toledo, Maria Tumarkin und Jeffrey Yang.
»Was die Perspektiven vereinigt, ist der unbedingte Anspruch nicht auf ein restauriertes, sondern auf ein repariertes bzw. reparierbares Leben. [...] Es ist nicht das geringste Verdienst von ›Rhinozeros‹, dass hier absolut keine Verwechslungsgefahr besteht. So bleibt dieser Zeitschrift eine dicke Haut mit vielen weiteren Auftritten und ein langes Überleben zu wünschen.«
– Fabian Saner, literaturkritik.de
– Tilla Fuchs, Saarländischer Rundfunk