Bildhaft, dringlich, unmittelbar
»Wäre Mutter anders, hätte ich nie geheiratet. Wie ein Hund, von der Leine gerissen, lief ich durchs Fenster weg, hängte ich mich an Igor.« In einer rohen, wilden und starken Sprache, ihre eigene Herkunft nicht verleugnend, erzählt die Lyrikerin und Dramatikerin Dragica Rajčić Holzner aus der Innensicht von einer unmöglichen Ehe, in der mit Gewalt auf Liebe geantwortet wird, und mit Liebe auf Gewalt.
Als die Ich-Erzählerin Igor zum ersten Mal sieht, erscheint er ihr wie ihre Rettung. Und doch ist da gleich zu Beginn dieses ungute Gefühl, das immer wieder weggeschoben und ignoriert werden will. Igor trinkt zu viel, aber tun das nicht alle Männer? Er ist aufbrausend, aber auch das ist doch nichts Ungewöhnliches. Jahre später zieht das verheiratete Paar in den Norden
der USA. Hier wird sich die anfangs noch diffuse Unruhe als prophetisch er weisen. Der Mann, an den sie sich in ihrer Jugend voller Hoffnung klammerte, wird zu jemand völlig anderem. Und wieder muss sie fliehen – diesmal fort von ihm.
Über hundert Jahre tief, bis in die Zeit der Spanischen Grippe, senkt sie das Lot der eigenen und erzählten Erinnerungen, um die raue Zeit des Aufwachsens im ländlichen Jugoslawien der 60erJahre, die Flucht von der Familie, das Hineingeraten in die frühe Ehe und die späte Befreiung daraus zu verstehen. Ein Roman wie das darin geschilderte Leben: ein glitzernder Scherbenhaufen, eine fesselnde Naturgewalt.
Gefördert durch die Stadt Zürich.
Buch
ISBN: 978-3-7518-0000-6 9783751800006
Verlag: Matthes & Seitz Berlin
Veröffentlicht: 2020
Schlagworte: Liebe, Liebesroman, Kroatien, Jugoslawien, 20. Jahrhundert, Balkan, Familie, Jugend, Religion, Gewalt, USA, Migration, Exil, Flucht, Missbrauch, Alkoholismus
»Hier macht jemand auf sich aufmerksam, der als Flüchtling und Ausländerin eigentlich keine Stimme im öffentlichen Leben hat, kommt zur Sprache, versucht, der Fremdbestimmung eine Selbstbestimmung entgegenzusetzen.«
Johanna Lier, WoZ – die WochenZeitung
»Dragica Rajčić Holzner erzählt nicht ihre Geschichte. Nicht ihr Schicksal, schon gar nicht ihre eigene Biographie, aber das Leben der Vergessenen, all jener Frauen, die mit einem unendlich scheinenden Reservoir an Hoffnung und Liebe scheitern.«
– Gallus Frei, literaturblatt