Freundschaft hat Konjunktur. Soziale Medien versprechen Freundschaft per Knopfdruck, die Werbung nutzt sie als verführerisches Motiv, und die Gesellschaftswissenschaften entdecken sie neu als Modell einer zeitgemäßen Form des Miteinanders. Grund genug, sich ihr aus umfassender Perspektive anzunehmen. Freundschaft verkörpert, so die These der Ausstellung, »die Sehnsucht nach einer unverbindlichen Bindung, die hält«. Anders als Ehe und Verwandtschaft, Religion oder normativ begründete Beziehungen kann das soziale Band der Freundschaft nicht auf sanktionierte Formen zurückgreifen, sondern muss sich je individuell definieren – und bleibt immer fragil. Gerade darin realisiert sie den widersprüchlichen Wunsch nach Geborgenheit und Sicherheit einerseits, Ungebundenheit und Freiheit andererseits. Deshalb ist es schwierig zu definieren, was die Freundschaft auszeichnet und worin ihre Gründe liegen. Was verbindet Freunde? Sind wir mit jenen befreundet, die uns ähnlich sind? Oder ist der Freund derjenige, der einen infrage stellt? Verbirgt sich in der Freundschaft eine soziale Utopie? Das die Ausstellung begleitende Buch versammelt Essays u. a. von Heinz Bude, Werner Busch, Heidrun Friese, Hans Ulrich Gumbrecht, Jean-Louis Schefer und Peter Trawny.
»Im Zeitalter der sozialen Medien werden Freundschaften heute anhand von Algorithmen berechnet, die nach Übereinstimmungen suchen. Das Buch »Freundschaft« erinnert eindrücklich daran, dass Freunde viel mehr sind als eine Filterbubble Gleichgesinnter. Es ist ein lesenswertes Plädoyer gegen die Logik der Gleichmacherei - und eine Liebeserklärung an komplexe Freundschaften, von Goethe und Schiller bis heute.«
- Tabea Grzeszyk, Deutschlandradio Kultur, April 2015.