Saidiya Hartman erforscht das lange Nachleben der Sklaverei: Ein grundlegendes Nachdenken über die Unfreiheit und ein radikales Experiment, die Geschichte Schwarzer Frauen auf andere Weise zu schreiben und zu kennen
Wie lassen sich die Versklavung und ihr Nachleben erzählen? Welche Rolle spielen darin Schwarze Frauen, von deren Schicksal lange fast ausschließlich die Aufzeichnungen der Sklavenhändler und Plantagenbesitzer, Gerichtsnotizen, Gutachten und Akten zeugten? Diese Fragen beschäftigen die Literaturwissenschaftlerin Saidiya Hartman seit ihren bahnbrechenden Studien zum Terror der Sklaverei und seiner Bedeutung für den Selbstentwurf der USA. Ausgehend von historischen Details, überschreiten die hier versammelten Essays virtuos die Grenze zwischen Geschichte und Imagination, um zu erzählen, was nicht erzählt werden kann. Hartman evoziert das Innenleben Schwarzer Existenz im 18., 19. und frühen 20. Jahrhundert in einer verblüffenden Intimität. Ihre Aufmerksamkeit gilt dabei einem Handeln unter Umständen, die Handlungsfähigkeit selbst auslöschen wollen. Die erstmals ins Deutsche übersetzten Texte aus den Jahren 2008 bis 2020 – darunter die einflussreichen Aufsätze »Venus in zwei Akten« und »Der Bauch der Welt« – sind deshalb immer auch beeindruckende Dokumente eines unablässigen Nachdenkens: über die Möglichkeiten und Grenzen historiografischer Methoden, über Archiv, Theorie und Politik und über das literarische Schreiben.
»Die Unterscheidung von reflexiver Sekundarität und primärer Betroffenheit nicht zu akzeptieren und in einem Stil poetischer Parteilichkeit gegenstandslos werden zu lassen, ist ein Ziel, das Hartman auch dadurch verfolgt, dass sie es nicht als ihre aus dem Nichts geborene Originalität ausgibt, sondern als ein wiederkehrendes Charakteristikum im Denken afrodiasporischer Intellektueller.«
– Diedrich Diederichsen, Republik
»Wie lässt sich die ungeschriebene Geschichte der Erfahrung versklavter Menschen darstellen? Hartmans Intervention macht ›das Problem des Archivs‹ zu einer zentralen Frage für die Erforschung der atlantischen Sklaverei.«
– Andreas Eckert, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»›Wie sucht man den Schauplatz der Unterwerfung auf, ohne die Grammatik der Gewalt zu reproduzieren?‹, fragt Hartman in ›Venus in zwei Akten‹, einem der wichtigsten Essays des Bandes. [...] Sie verdeutlichen die Einzigartigkeit und Bedeutsamkeit einer Denkerin wie Saidiya Hartman, die sich nicht scheut, die Brutalität und Persistenz rassistischer Gewalt aufzuzeigen – und zugleich über sie hinauszudenken.«
– Marina Martinez Mateo, Süddeutsche Zeitung
»Hartman ist für diese Form der kritischen Befragung historischen Materials bekannt. Sie hat sich immer wieder mit den problematischen Beziehungen zwischen Erinnerung, Erzählung und Darstellung auseinandergesetzt, um die vielschichtigen Erfahrungsräume Schwarzen Lebens ans Tageslicht zu bringen.«
– Thomas Hummitzsch, Der Freitag
»›Diese bittere Erde (ist womöglich nicht was sie scheint)‹ versammelt Essays, in denen sie virtuos das Leben der Schwarzen im 18., 19. und frühen 20. Jahrhundert beschreibt.«
– Joachim Gaertner, Titel Thesen Temperamente
»Das theoretische Niveau ist hoch. Abbildungen konkretisieren Beschreibungen. Sehr lesenswert.«
– Hans Helmut Pinzler