Weit bekannt ist die Anekdote, dass die Mafiadarsteller aus den Hollywoodfilmen ihre realen Vorbilder dahingehend beeinflusst haben, die Waffen schräg und nicht gerade zu halten. Und der Erfolg von Roberto Savianos Büchern über die Gomorrha und die Kinderclans zeugt von einem weit über Italien hinausreichenden Interesse der bürgerlichen Gesellschaft an der Struktur und den Geschichten des organisierten Verbrechens. Aber wie viel Mafia erzählt die Literatur und wie viel Literatur steckt in der Mafia? Diese auf ethnologischer Feldarbeit und literarurwissenschaftlicher Theorie gründende Reflexion liest die Werke der Briganten-Literatur, erzählt von den Paten, die ihre eigene Geschichte in Versform verfassen. Mafiakultur ist ein Sammelbegriff, der von einem Zusammenschluss außerhalb des Staates und abseits der Wohlhabenden handelt, von einer revolutionären Kraft, die auf konservativen Werten fußt: Familie, Liebe, Ehre und Rache, wo sie eben geboten ist. Es ist die Möglichkeit, die eigenen Verhältnisse zumindest in der Vorstellung zu überwinden und Teil einer Geschichte zu werden, deren Fortschreibung eng mit der Literatur über sie verbunden ist.
»Wie van Loyen das Verhältnis von Mafia und Literatur reflektiert, wie er Eigentümlichkeiten der Texte aus den unterschiedlichen Traditionen [...] herleitet und auf diese bezieht, ergibt eine anregende und anspruchsvolle Lektüre.«
– Andreas Rossmann, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Den Zeichen und ihrer wahrlich mafiösen Ambivalenz spürt der Ethnologe in seiner kleinen, brillant geschriebenen Studie bis zu den lyrischen Abbitten einst gefürchteter Bosse, dem Post-Mafia-Pop auf Neapels Straßen und den Netflix-Fantasien über eben diese Straßen nach.«
– Mladen Gladic, Literarische Welt
Interview von Maike Albath mit Ulrich van Loyen im Deutschlandfunk Büchermarkt.