Hannah Arendt dachte zeitlebens im Horizont Sokrates'. Schon in den amerikanischen Anfängen stellte sie den Lehrer Platons in den Mittelpunkt ihrer Versuche, ein politisch relevantes und persönlich haltbares Denken für die Moderne zu begründen. Meisterhaft entfaltet diese Vorlesung aus den 50er Jahren eine Apologie der menschlichen Pluralität. So wendet sich Arendt gegen die platonische Versuchung, der Relativität der möglichen Wahrheiten mit der absoluten Autorität eines wegweisenden Denkansatzes begegnen zu wollen. Entscheidend ist für Arendt der innere Dialog, den Sokrates philosophisch initiierte. Zudem hebt sie die Kommunikation unter Bürgern und Freunden hervor, die im Austausch der Meinungen gemeinsame Perspektiven der Weltgestaltung eröffnen könne. In den Erinnerungen »In Hannah Arendts Seminar« berichtet ihr letzter Assistent Jerome Kohn, wie sich entlang platonischer Texte das gemeinsame Nachdenken mit der Philosophin an der New School of Social Research gestaltete.
Buch
ISBN: 978-3-95757-168-7 9783957571687
Verlag: Matthes & Seitz Berlin
Auflage: 4
Veröffentlicht: 2016
Originaltitel: Socrates (from The Promise of Politics) (Englisch)
Schlagworte: Arendt, Platon, Sokrates, Denken der Moderne, Pluralität
»›Sokrates‹ von Hannah Arendt ist das Buch der Stunde. Denn es lehrt dich, den eigenen Meinungen gründlich zu misstrauen.«
- Jürgen Busche, Der Freitag
»Denn zu wissen, wie einem die Welt erscheint, ist nicht so leicht. Es ist viel schwerer, als eine Wette darauf einzugehen, welche Meinung sich wohl durchsetzen wird oder mit welcher Mehrheitsmeinung man am ehesten eigene Machtinteressen befördern kann. Hannah Arendt geht es bei Sokrates und in ihrem Verständnis der Öffentlichkeit nicht gleich um Macht, sondern vor allem um Reflexion. Schon eine einzelne reflektierende Person, die sich fragt, wie ihr die Welt eigentlich erscheint, realisiert in sich eine Vielfalt.«
- Michael Hampe, Die Zeit
»Das ist die hochaktuelle Erkenntnis Hannah Arendts: Der derzeitigen politischen Fakten- und Glaubwürdigkeitskrise ist politisch nicht durch eine Herrschaft der Philosophen und der Wahrheit im Sinne Platons beizukommen. Es ist ja umgekehrt gerade das Problem, dass sich jetzt schon alle im Besitz der absoluten Wahrheit wähnen - oder es aus politischem Kalkül behaupten. Wenn aber alle von ihrer Wahrheit überzeugt sind, sind Dialog oder Gespräch kaum mehr möglich.«
- Rainer Erlinger, Süddeutsche Zeitung