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»Die Würde des Menschen ist unantastbar«, proklamiert der erste Artikel des Grundgesetzes und richtet damit gleich zu Beginn der Verfassung ein Tabu auf. Doch als rhetorische Figur religiöser Natur taugt das Tabu in der säkularen Moderne kaum mehr zur Begründung allgemeiner Normen. Gleichwohl ist zu beobachten, dass sich in Zeiten gesellschaftlicher Verunsicherungen und moralischer Herausforderungen durch Terrorismus und Krisen religiöse Argumentationsmuster als Grundlage gemeinsamer Werte zunehmender Beliebtheit erfreuen und so zu einer eigentümlichen Selbstverzauberung der politischen Debatte führen. Doch die Verklärung hat fatale Konsequenzen: Die vermeintlich geheiligte Menschenwürde entpuppt sich als Leerformel und Exklusionsmittel, die dem Zugriff politischer Interessen ausgeliefert ist, solange sie der Begründung entzogen bleibt.